„Bulgarien besitzt ein sehr hohes Beteiligungsquorum. Zusätzlich tun die politischen Machthaber alles Mögliche, um dieses Beteiligungsquorum zu unterminieren: Diesen Sonntag werden Wähler automatisch den Stimmzettel für die Präsidentenwahl ausgehändigt bekommen, den Referendumszettel jedoch nur, wenn sie ausdrücklich danach fragen. Das geht so nicht“, erklärt Daniela Bozhinova aus dem Vorstand von Democracy International in Bulgarien.
Am 14. September 2016 hatte Bulgariens Zentrale Wahlkommission entschieden, dass Wähler in den Stimmlokalen nur den Wahlzettel für die Präsidentenwahl erhalten werden. Sie argumentierte, dass es Wähler verwirren würde, wenn sie beide Wahlzettel gereicht bekämen. Diese Entscheidung wurde in Folge einer Reihe neu verabschiedeter Einschränkungen getroffen, die darauf abzielen, die Beteiligung am anstehenden Referendum niedrig zu halten.
Zu einem früheren Zeitpunkt hatte das nationale Parlament versucht, gesetzliche Bestimmungen zugunsten einer älteren Regelung zu ändern. Das hätte zur Folge gehabt, dass das Referendum an einem heißen August-Tag stattgefunden hätte. Unter dem Druck der Bürger scheiterte jedoch dieser Versuch. Daraufhin überantwortete der Präsident drei der sechs Referendumsfragen dem Verfassungsgericht, das diese für verfassungswidrig erklärte. Eine der drei ausgeschlossenen Fragen betraf die Anzahl der Parlamentsabgeordneten und schlug eine Reduktion von 240 auf 120 vor. Die drei für das anstehende Referendum zugelassenen Fragen zielen darauf, das Wahlsystem zu ändern (Mehrheitswahlrecht statt Verhältniswahlrecht), die Wahlpflicht einzuführen und Zahlungen an Parteien auf ein Zehntel der jetzigen Subventionen zu verringern. Diese Frage zur Parteienfinanzierung gilt als besonders heikel.
„Angewidert von politischer Korruption sehnen sich Bulgariens Bürger nach einem politischen System, das besser funktioniert. Aus diesem Grund haben mehr als 500,000 von ihnen die Bürgerinitiative unterschrieben, um einen politischen Wandel anzustoßen. Jedoch gab es in Bulgarien seit 1971 mehr kein gültiges Referendum. Hohe Beteiligungsquoren und eine absichtlich kleingehaltene Referendumskampagne spielen den Machthabern in die Hände, demotivieren die Wähler und schwächen ihr Vertrauen in das politische System. Wir müssen hoffen, dass das Referendum am Sonntag das Quorum erreicht, damit sich endlich etwas verändert“, so abschließend Daniela Bozhinova.