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Offener Brief : Rückkehr zur verfassungsmäßigen Legitimität in Tunesien

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Offener Brief : Rückkehr zur verfassungsmäßigen Legitimität in Tunesien

10-09-2021

Als Reaktion auf die jüngsten Ereignisse in Tunesien hat der Vorstand von Democracy International einen offenen Brief veröffentlicht.

Im Jahr 2015 war Tunesien Gastgeber des Globalen Forums für moderne direkte Demokratie. Hunderte von Demokratieaktivist*innen und -expert*innen aus der ganzen Welt kamen dort zusammen, um sich über das Wunder des friedlichen Übergangs des Mittelmeerlandes von einer Diktatur zu einer Demokratie nach der Jasminrevolution 2011 zu informieren. Und während sich die Hoffnung des Arabischen Frühlings in vielen Nachbarländern in einen bitteren Winter der Unzufriedenheit verwandelte, staunten wir über die Standhaftigkeit und das Engagement Tunesiens, eine echte Demokratie zu werden. Das Beispiel des tunesischen Quartetts für den nationalen Dialog war so beeindruckend, dass der Übergangsprozess mit dem Friedensnobelpreis 2015 ausgezeichnet wurde.

Als wir 2015 in Tunis zusammenkamen, kamen wir nicht nur, um von Tunesien zu lernen, sondern auch, um eine Verpflichtung einzugehen. Wir versprachen, dass wir als Demokrat*innen aus der ganzen Welt den Tunesier*innen auf ihrem Weg zu einer echten Demokratie zur Seite stehen würden.

Deshalb sind wir zutiefst beunruhigt über die heutigen Entwicklungen in Tunesien. Die Aufhebung der Gewaltenteilung, die Inhaftierung und Verfolgung von Oppositionellen, die Einschränkungen für die freie Presse und die Zivilgesellschaft sowie die eklatante Missachtung der Bestimmungen der demokratischen Verfassung Tunesiens drohen das Land in die Autokratie zurückzustürzen, die die Tunesier*innen 2011 so vehement und mutig abgelehnt haben.

Jetzt müssen wir mehr denn je die Stimmen der Demokrat*innen in Tunesien verstärken. Wir dürfen nicht wegschauen. Bleiben wir wachsam, verfolgen wir die Nachrichten in Tunesien, teilen wir die Botschaften der tunesischen Intellektuellen, Akademiker*innen, zivilgesellschaftlichen und politischen Aktivist*innen. Kopieren Sie diesen Brief, teilen Sie ihn, machen Sie sich für diese Sache stark. Wir dürfen unsere tunesischen Kolleg*innen in dieser Zeit der Krise nicht im Stich lassen.

In unserer Abschlusserklärung des Globalen Forums für moderne direkte Demokratie 2015, die mit allen Teilnehmenden verfasst wurde, forderten wir mehr Basisdemokratie: "Partizipation und Demokratie erfordern Gleichheit für alle und Führung durch alle". Dies gilt heute mehr denn je. Wir erinnern an den hoffnungsvollen inklusiven und partizipativen Prozess, in dem 2014 die neue Verfassung ausgearbeitet wurde.

Wir appellieren an Präsident Saied, sich nicht nur rasch und eindeutig an den Wortlaut und den Geist dieser Verfassung zu halten, sondern auch das wahre demokratische und partizipative Potenzial freizusetzen, das in ihr steckt. Als Präsident ist es Ihre Pflicht, den Willen des tunesischen Volkes zu respektieren, und Ihre Verantwortung, den 2011 eingeschlagenen Kurs zu halten. Es ist noch nicht zu spät.

Mit freundlichen Grüßen,
Joe Mathews & Bruno Kaufmann
Co-Präsidenten des Global Forum on Modern Direct Democracy

und
Der Vorstand von Democracy International

 

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