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Die Spielregeln der Demokratie

18-02-2022

Der politische Ökonom Stephan Kyburz veröffentlicht alle zwei Wochen eine spannende Folge seines Podcasts ‚Rules of the Game - discussing democratic institutions‘ zu hoch interessanten, politischen Themen. In Zukunft wird in unserem Newsletter immer eine Folge aus 'Rules of the Game'-Podcast enthalten sein.

Unsere Praktikantin Alina Krintovski stellt Stephan Kyburz in dem folgenden Interview vor.

Hallo Stephan, danke, dass du dir Zeit für uns nimmst. Kannst du uns zuerst etwas was über dich und deinen beruflichen Werdegang erzählen?

Vielen Dank, es freut mich sehr, dass ich meinen Podcast, meine Plattform, präsentieren kann. Aufgewachsen bin ich in der Nähe von Zürich, in der Schweiz, auf dem Lande. Was mich immer getrieben hat, ist das Interesse an anderen Kulturen, an anderen Ländern. Ich bin schon sehr früh viel gereist, auch während dem Studium. Ich habe Volkswirtschaftslehre studiert, dann bin ich schon während dem Studium nach Südamerika gereist, für mehrere Monate, und hab dann auch in Südafrika, in Kapstadt, ein Praktikum in der Entwicklungszusammenarbeit gemacht und auch eine Freiwilligentätigkeit in einer Anti-HIV/Aids-Kampagne. Diese Erfahrungen haben mich dann auch inspiriert, noch mehr verstehen zu wollen, wie sich Länder entwickeln. Das war zuerst mehr das Interesse an der ökonomischen Entwicklung der Länder, also die Frage, warum gewisse Länder ärmer und andere reicher sind. Diese Erfahrung mit den Reisen hat mich stark motiviert, weiter zu studieren und mein Verständnis zu erweitern. Ich habe auch ein halbes Jahr an der Fudan Universität in China studiert, also nicht nur westliche Länder kennengelernt, sondern auch China mit einem ganz anderen politischen System. Nach dem Masterstudium habe ich eine Dissertation angefangen, an der Universität Bern, und hab mich da dann noch tiefer mit Entwicklungsfragen befasst, sowohl ökonomisch, aber auch im politisch-ökonomischen Bereich. Nach der Dissertation hatte ich das Glück, dass ich mit einem Stipendium des Schweizerischen Nationalfonds an der London School of Economics and Political Science (LSE) und auch am Center for Global Development (CGD) einen Postdoc-Forschungsaufenthalt machen konnte. Ich hatte dann auch Anstellungen als Visiting Fellow am CGD und als Research Fellow am Department of Government der LSE. Und in meiner Freizeit fotografiere ich gerne, mache auch Sport. Hier in Porto bin, meinem neuen Wohnsitz, gehe ich gerne Surfen und im Winter snowboarden in den Schweizer Alpen.

 

Das ist natürlich der Traum! Wann hast du denn angefangen dich für Demokratie und demokratische Institutionen zu interessieren?

Ich habe mich immer schon für Politik und politische Institutionen interessiert und während dem Studium hatte ich zuerst mehr das Gefühl ich muss mehr die Ökonomie verstehen, um zu verstehen, wie sich Länder entwickeln. Aber ich habe dann immer mehr gemerkt, dass die politischen Institutionen sehr, sehr zentral sind. Also, wie wählen wir unsere Parlamente? Wer sitzt in unserer Regierung? Wie wird unsere Regierung gewählt oder bestimmt? Das wiederum hat großen Einfluss auf die Gesetzgebung und die Verfassung. Je länger ich mich mit diesen Fragen auseinandergesetzt habe, wie sich Länder entwickeln, desto mehr wurde mir klar, dass die demokratischen Institutionen sehr zentral sind im Bezug darauf, wie ausgeglichen, wie gerecht und wie nachhaltig Wirtschaftswachstum wirklich ist. Darum habe ich mich dann immer mehr den demokratischen Institutionen zugewendet und alle diese Erfahrungen und die Forschung haben mich quasi dazu inspiriert mich noch mehr mit Demokratie auseinanderzusetzen.

„Ich möchte aufzeigen, was die wichtigsten Pfeiler in der Demokratie sind; wie können demokratische Institutionen zur Stabilität und zur Entwicklung beitragen.“

 

Du bist ja über deinen Podcast zu uns gekommen, ‚Rules of the Game - discussing democratic institutions‘. Wie hast du da angefangen und worum geht es?            

Was mich inspiriert hat den Podcast zu starten war mehr zur öffentlichen Diskussion von demokratischen Institutionen beizutragen. Ich habe gemerkt, dass die demokratischen Institutionen, zum Beispiel in der Schweiz, was ja mein ursprüngliches Umfeld ist, sehr anders funktionieren als zum Beispiel in Nigeria, wo ich auch sehr viel Forschung betrieben habe. Es schien mir, dass wir sehr viel Wissen über Institutionen haben, aber dass die Öffentlichkeit rund um den Globus nicht sehr viel dazu weiß und sich nicht bewusst ist, wie wichtig es ist und wie groß der Einfluss von Institutionen auf die Entwicklung und auf die sozialen Gegebenheiten in den Ländern selbst ist. Es gibt sehr viele Länder, wo die Leute nicht gut repräsentiert sind im Parlament, Länder, die Regierungen haben, die eine ökonomische und politische Elite sind und deshalb auch nicht sehr demokratisch sind, wie z.B. auch die USA, zumindest auf nationaler Ebene. Das Volk hat in vielen Ländern sehr wenig Macht. Obwohl die politischen Eliten in diesen Ländern sagen, dass sie demokratisch sind. Da war dieser leere Raum, den ich füllen wollte mit der öffentlichen Diskussion zu demokratischen Institutionen.

„Ich möchte den Podcast für ein Publikum interessant machen, das sich in der Diskussion schon ein bisschen auskennt, aber auch für Leute, die mehr zu demokratischen Institutionen lernen möchten.“

 

Würdest du dann auch sagen, dass sich der Podcast an alle in der Öffentlichkeit richtet?          

Ja auf jeden Fall. Der Podcast richtet sich vor allem an Leute, die an demokratischen Institutionen selbst interessiert sind und daran, wie Demokratie funktioniert. Aber natürlich auch an Aktivist:innen der Demokratie. Ich habe das Gefühl es gibt sehr viele Leute, die wollen zur Entwicklung der Demokratie beitragen und aus meiner Perspektive sind einfach die Institutionen sehr zentral. Auch damit für Länder, die vielleicht weniger demokratisch sind, klar wird, dass man die Institutionen reformieren muss, wenn man mehr Demokratie will. Zum Publikum des Podcasts gehören aber auch Forschende, die vielleicht an dieser öffentlicheren Diskussion teilnehmen wollen. Ich möchte den Podcast für ein Publikum interessant machen, das sich in der Diskussion schon ein bisschen auskennt, aber auch für Leute, die mehr zu demokratischen Institutionen lernen möchten.

 

Für uns war jetzt natürlich die Folge zur direkten Demokratie am spannendsten. Hast du eine Lieblingsfolge?

Die verschiedensten Episoden beleuchten ganz unterschiedliche Aspekte der demokratischen Institutionen und ich fand es immer spannend mit Gästen darüber zu sprechen und ihre Perspektive aus ihren Ländern zu sehen, also wie sie es wahrnehmen und wie sich Institutionen entwickelt haben. Zwei Episoden, die ich sehr spannend fand, war zum Einen zur Verfassungsreform in Chile mit Claudia Heiss*, weil Chile eine rasche demokratische Entwicklung durchläuft und jetzt, mit der neuen Verfassung, auch wirklich neues Territorium beschreiten kann. Und die andere war eine kürzlich publizierte, zur direkten Demokratie in Taiwan mit Yen-Tu Su**, weil die direkte Demokratie in Taiwan erst seit einigen Jahren wirklich angewendet wird, die Leute davon aber jetzt schon sehr überzeugt sind und gerne ein Wort mitreden, wenn es um die Zukunft ihres Landes geht.

 

Weil du gerade deine Gäste erwähnt hast: kennst du alle schon im Vorfeld?

Das ist ganz unterschiedlich. Ich greife sicher auf mein Netzwerk zurück, also über meine Forschung und internationale Tätigkeiten kenne ich schon einige Leute. Das sind aber häufig auch Leute, die ich noch nicht persönlich kenne. Mit Yen-Tu Su habe ich recht zufällig über jemand anderes auf Twitter Kontakt hergestellt. Es gibt also kein Muster.

„Ich glaube Veränderung in der Gesellschaft findet nur statt, wenn man die Öffentlichkeit mitträgt und diese das auch versteht.“

 

Wir haben schon ein paar Sachen angesprochen, dass der Diskurs oft einseitig oder nur unter Akademikern stattfindet. Hast du vielleicht noch etwas, wo du sagst, du siehst Schwierigkeiten innerhalb des politikwissenschaftlichen Diskurses oder im generellen Demokratie-Diskurs?

Ich denke die politologische und politisch-ökonomische Forschung hat eine Verantwortung in Demokratien, weil die Politolog:innen diese Institutionen am besten verstehen, also die demokratischen Institutionen, zusammen mit Forscher:innen des öffentlichen Rechts. Das Problem sehe ich dahingehend, dass die Politologie viel quantitativer geworden ist; wenn man in Top Journalen publizieren muss, muss das häufig sehr quantitativ und innovativ sein, die Forschenden haben nicht wirklich so viel Anreiz zur öffentlichen Diskussion beizutragen. Meine Wahrnehmung ist, dass diese grundsätzlichen institutionellen Fragen, wie z.B. zu einem potentiellen alternativen Regierungssystem, und ihre öffentliche Diskussion für die Karriere von Politolog:innen nicht so viel bringt. Darum sehe ich auch diesen leeren Raum. Die Diskussion ist sicher sehr aktiv unter Politolog:innen, aber das wird nicht in die Öffentlichkeit herübergetragen – es gibt natürlich Ausnahmen. Ich glaube Veränderung in der Gesellschaft findet nur statt, wenn man die Öffentlichkeit mitträgt und diese das auch versteht. Darum habe ich auch diesen Podcast gestartet, oder diese Plattform: es soll mittelfristig zu einer breiteren Diskussionsplattform werden.

 

Worauf können wir uns in Zukunft im Podcast freuen? 

Es geht immer um Institutionen, aber ich möchte das sehr unterschiedlich beleuchten. Mich interessieren Fälle wie Chile oder Taiwan, die schnell demokratischer wurden. Was braucht es für Zutaten, damit ein Land diese schwierige Entwicklung schafft? Wir sehen auch in der heutigen Zeit, dass viele Länder wieder in autoritärere Regime zurück gleiten. Ich möchte aufzeigen, was die wichtigsten Pfeiler in der Demokratie sind, wie können demokratische Institutionen zur Stabilität und zur gerechten Entwicklung beitragen. Es sind Einsichten in unterschiedliche Länder damit man auch vergleichen kann. Ein weiteres Thema wird sicherlich auch die direkte Demokratie sein, weil das auch für mich persönlich aus der Schweiz eine wichtige Institution ist, damit die Macht bei den Leuten ist und nicht bei den Politiker:innen oder bei der ökonomischen Elite. Wenn direkte Demokratie richtig angewendet wird, ist sie ein sehr mächtiges Instrument, das aber auch von autoritären Herrscher:innen für Legitimität missbraucht wird.

 

Damit sind wir auch schon bei der letzten Frage: Gibt es etwas, das du jungen oder neuen Demokratie Aktivist:innen mit auf den Weg geben möchtest?

Ich glaube es wird sehr viel Energie in den direkten politischen Wettbewerb gesteckt, es wird sehr Aufwand in politische, gesellschaftliche Anliegen gesteckt. Aber grundsätzlich kann man, meines Erachtens nach, sehr viel mehr erreichen, wenn man die Institutionen weiterentwickelt, verbessert, damit die Leute, die im Parlament sitzen, und die Leute, die in die Regierungen gewählt werden, auch wirklich die Interessen der Bevölkerung vertreten – wie können wir der Bevölkerung mehr Mitsprache, mehr Macht geben? Ich denke im Moment sollte mehr Energie dahin fließen, wie wir unsere Institutionen weiterentwickeln, anstatt dass man immer nur das politische Tagesgeschäft versucht zu beeinflussen. Das Wissen über die Institutionen ist zentral damit diese Reformen auch passieren können.

*Claudia Heiss ist Leiterin des Fachbereichs Politikwissenschaft am Institut für Public Affairs an der Universidad de Chile, wo sie ebenfalls im Zentrum für das Studium von Konflikten und sozialem Zusammenhalt tätig ist.

**Yen-Tu Su ist Assoziierter Professor am Institutum Iurisprudentiae at the Academia Sinica.

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