„Wir wollten dieses Art of Fundamental Right Projekt entwickeln, da wir die Erfahrung gemacht haben, dass es vielen Bürger:innen schwer fällt, über verschiedene politische Themen wie Rechte zu sprechen. Wenn man über Kunst spricht, gibt es keine richtige oder falsche Antwort. Stattdessen ist die Interpretation von zentraler Bedeutung, und macht es einfacher, über komplexe Themen zu sprechen. Mit Kunst der Grundrechte wollen wir durch die Kunst das Bewusstsein für unsere grundlegenden Menschenrechte schärfen, denn sie werden in mehreren Ländern weiterhin angegriffen. Diese Entwicklung sehen wir überall auf der Welt – auch in Europa – wo autoritäre Regime Macht über Minderheiten und schwache Gruppen ausüben", sagt Sarah Terkelsen, die Projektleiterin von Art of Fundamental Rights von der dänischen Organisation Nyt Europa.
chARTer ist, vereinfacht ausgedrückt, eine Ausstellung von 13 verschiedenen Kunstwerken europäischer Künstler:innen, die jeweils ein Kapitel der Charta der Grundrechte der Europäischen Union auf ihrer ganz eigenen Weise interpretiert haben. In den letzten zwei Jahren hat das Projekt sechs europäische Partnerorganisationen und 13 Künstler:innen aus den jeweiligen Ländern zusammengebracht, um Grundrechte durch Kunst zu vermitteln.
Während der Ausstellung im Europe Dome hatte ich die Gelegenheit, Sarah Terkelsen über die Ideen hinter den Projekten zu befragen. Außerdem hatte ich das Vergnügen, mit Lena Nicolajsen, der dänischen Künstlerin, die das Kapitel "Freiheiten" der Charta der Grundrechte interpretiert hat, über das Gefühl von Freiheit zu sprechen, sowie über die Rolle, die Kunst in politischen Gesprächen spielen kann.
In Ihrer Kunst geht es um Freiheit. Was bedeutet Freiheit für Sie, und was bedeuten die Grundrechte für Sie?
Lena: Ich denke, Freiheit ist nicht nur ein zentraler Wert in den Grundrechten der Menschen, sondern auch ein zentraler Wert in meinem persönlichen Leben. Als ich den Auftrag bekam, habe ich viel über das Gefühl der Freiheit nachgedacht, welches mir noch wichtiger zu vermitteln war. Ich glaube, wir alle kennen das Gefühl der Freiheit, wenn wir das Glück hatten, es erleben zu dürfen: Wenn man irgendwohin raus geht, an einen neuen Ort, und das Gefühl von immenser Freiheit spürt. Oder wenn man an Orte reist, an denen man nicht weiß, was passieren wird, und man keine Verbindung zu weder Ort noch Menschen hat, und man so diese Freiheit hat, durch die man sich selbst kennenlernen kann.
Freiheit und Menschenrechte sind so spezifisch und detailliert, und ich denke, es ist sehr schwer, diese durch ein einziges Bild zu vermitteln. Dazu bräuchte man viele Worte, und ich habe versucht, viel auf den Bildern zu schreiben, aber es sah so überladen aus und passte einfach nicht. Also kehrte ich zu dem Gefühl des freien Fliegens zurück.
Erzählen Sie uns bitte etwas über Ihre Kunstwerke und wie man sie interpretieren kann.
Lena: Das Kunstwerk besteht aus vielen Vögeln, die durch einen rosa Himmel fliegen. Ich wollte das Gefühl des freien Fliegens vermitteln. Eigentlich war einer der ersten Skizzen, die ich gemacht habe, ein Blumenfeld, was das Gefühl des freien Wachsens symbolisieren sollte.
Aber am Ende haben wir uns für die andere Version entschieden – ich glaube, wegen des Gefühls, was ich habe, wenn ich an Freiheit denke. Ohne es jemals wirklich so erleben zu können, können wir uns als Menschen das Fliegen und die damit verbundene Freiheit vorstellen.
Was hat Sie inspiriert?
Lena: Wenn man den Paragrafen liest und über Menschenrechte nachdenkt, gibt es so viel Komplexität, so viele Gruppen von Menschen, die Rechte brauchen, die sie nicht haben oder die sie haben, und für selbstverständlich halten. Es ist so komplex, dass ich etwas Simples machen wollte, was diese Gefühl verbildlichen würde. Es ist immer schwierig, mit komplexen Themen zu arbeiten.
Menschenrechte sind komplex, und jedes Land steht in Bezug auf sie an einem ganz anderen Punkt, und ich glaube, es ist meine Aufgabe, dies so einfach und deutlich wie möglich auszudrücken.
Wie kann Ihrer Meinung nach die Kunst zur Diskussion über die Rechte beitragen?
Lena: Es ist sehr lustig, denn als ich mit der Kunst anfing, dachte ich, es sei ein sehr egoistischer, selbstverliebter Beruf. Ich mag es zu zeichnen, also zeichne ich jetzt. Aber manchmal, wenn die Illustration jemanden berührt hat, sagt es mir die Person. Sie sieht also den Einfluss dieses Berufs von außen.
Ich denke, Kunst ist eine sehr unterschätzte Art und Weise, um mit anderen Menschen zu kommunizieren. Es gibt so viele Funktionen in unserer Welt und so wenig Platz für die Dinge, die den Menschen einfach nur Freude bereiten und die keine ganzheitlichen Zwecke haben. Kunst gibt einem nicht die Freiheit und heizt auch eine Wohnung nicht. Aber sie macht Freude. Ich glaube auch, dass die meisten Menschen Kunst in sich stecken haben. Alle Kinder zeichnen, sie hören nur irgendwann auf.
Sarah: Kunst lädt die Menschen zu wichtigen Gesprächen ein, indem sie eine alternative Art der Diskussion darstellt, um über Grundrechte zu reden. Sie macht es den Menschen leichter, über das Thema zu sprechen und zu erkennen, dass es immer noch einen Kampf gibt und dass wir unsere Rechte nicht als selbstverständlich ansehen können, da wir sehen, dass die Grundrechte eines jeden Menschen in diesen Jahren bedroht sind – auch in Europa. Art of Fundamental Rights will den Menschen vermitteln, dass es wichtig ist, seine Rechte zu kennen und für seine Rechte und die Rechte von weniger privilegierten Menschen zu kämpfen.
Haben Sie Tipps, wie man sich durch Kunst in politische Diskussionen einbringen kann?
Lena: Auch wenn wir zum jetzigen Zeitpunkt sagen, dass so viele Dinge schlecht sind, ist Kunst eine freie Plattform, durch die man sich ausdrücken kann. Ich denke, man kann durch Kunst einen Beitrag leisten, indem man die Dinge, die man ändern möchte, künstlerisch zeigt. Viele Künstler:innen haben die Frauen im Iran unterstützt, die täglich ihre Menschenrechte verlieren. Ich kenne Künstler:innen aus Ägypten und dem Iran, die das Gefühl haben, dass es in ihrem Leben an Rechten mangelt. Ich weiß, dass sie eine Menge tun, und ich hoffe, dass diese Generation das Ruder herumreißen können wird, aber das muss die Zukunft wohl zeigen.
Sarah: Was die Menschen durch die Kunst in Bezug auf politische Diskussionen tun können, ist, die Kunstwerke an ihre Wände zu hängen und sie als Ausgangspunkt für politische, rechte- und wertebasierte Diskussionen zu nutzen. Wenn wir miteinander, mit unseren Familien und unseren Freund:innen sprechen, wird sich das Gespräch verbreiten, und wir werden die Botschaft vermitteln, dass wir weiter für unsere Rechte und die Rechte anderer kämpfen müssen.