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Die Demokratie verteidigen - aber tun wir das wirklich?

05-02-2024

Es ist unbestritten, dass unsere europäischen Demokratien verteidigt werden müssen. Angesichts der Tatsache, dass unfreundliche Akteur:innen auf der ganzen Welt versuchen, den Ausgang von Wahlen zu beeinflussen – darunter möglicherweise auch die Wahlen zum Europäischen Parlament, die vom 6. bis 9. Juni stattfinden werden und die größten Wahlen der EU sind – könnte die Demokratie einige Schutzmaßnahmen gebrauchen.

Geschrieben von Daniela Vancic

 

Genau das versucht die Europäische Kommission mit dem Paket zur Verteidigung der Demokratie (Defence of Democracy package; DoD), welches im Dezember 2023 vorgestellt wurde. Das Paket zielt darauf ab, in der EU und in ihren Mitgliedstaaten, trotz verschiedener Herausforderungen und Konfrontationen, die demokratischen Werte zu schützen und stärken.
 
Klingt gut? Nicht so schnell. 
 
Obwohl das DoD-Paket im Grunde gut gemeint ist und darauf abzielt, die europäische Demokratie zu fördern und zu schützen, wird es nicht gänzlich mit offenen Armen empfangen, da es unbeabsichtigte Folgen mit sich bringen könnte. Das Kernstück des Pakets ist die vorgeschlagene Richtlinie zur Auslandsfinanzierung.
 
Bereits im Frühjahr und Sommer 2023 luden die Vizepräsident:innen der Kommission zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter auch Democracy International, zu mehreren Runden von Beratungen ein, die im Zusammenhang mit dem DoD-Paket standen. Trotz der Beratungen blieben viele Informationen über die geplante Richtlinie weiter unter Verschluss. Daraufhin unterzeichneten mehr als 230 zivilgesellschaftliche Organisationen einen von Civil Society Europe koordinierten offenen Brief, in dem sie ernste Bedenken gegen die vorgeschlagene Richtlinie zur Auslandsfinanzierung äußerten und eine Folgenabschätzung forderten. Diese Organisationen forderten insbesondere eine Analyse davon, ob Grundrechte durch das DoD-Paket beeinträchtigt werden würden, und ob eine Einschränkung dieser Rechte notwendig und verhältnismäßig sei, um das angestrebte Ziel des Gesetzentwurfes zu erreichen. 
 
Hier sind die wichtigsten Bedenken, die wir und andere Organisationen teilen:
 
1. Misstrauen gegenüber der Wirksamkeit: Eine der Hauptsorgen ist, dass das vorgeschlagene "nationale Transparenzregister" zu Misstrauen und Stigmatisierung führen könnte, da international finanzierte NGOs wie Auslandsspione behandelt werden würden. Das ist in etwa so, als würde man den NGOs wortwörtlich den Stempel "ausländischer Agent" aufdrücken. In einigen Mitgliedsstaaten (ich schaue dich an, Ungarn) wird diese zusätzliche nationale Kontrolle über NGOs den ohnehin schon schrumpfenden zivilgesellschaftlichen Raum noch weiter verkleinern. Hinzu kommt, dass es bereits ein EU-Transparenzregister gibt. Die Frage ist, warum reicht das nicht aus? Und warum werden nicht auch Unternehmenslobbyist:innen ins Visier genommen?
 
2. Gefährdung der Grundrechte: Das vorgeschlagene Gesetz zur ausländischen Einmischung könnte unsere Grundrechte auf die leichte Schulter nehmen. Die breit gefassten Definitionen und der große Anwendungsbereich könnten bei der Bekämpfung bösartiger ausländischer Einmischung ihr Ziel verfehlen und stattdessen die Grundfreiheiten beeinträchtigen. 
 
3. Globale Auswirkungen: Es wird befürchtet, dass das vorgeschlagene Gesetz die Bemühungen der EU, demokratische Freiheiten weltweit zu fördern, beeinträchtigen könnte. Einige Länder verwenden bereits ähnliche Gesetze, um ihre eigenen Einmischungsregeln zu rechtfertigen, was im Ausland zu Vergeltungsmaßnahmen gegen in der EU ansässige Organisationen führen könnte.
 
4. Juristischer Wirrwarr: Rechtsexpert:innen befürchten, dass das vorgeschlagene Gesetz im Widerspruch zu den geplanten Rechtsgrundlagen steht, und dass Verstöße gegen das EU-Recht drohen. Dies könnte Hindernisse für den freien Kapitalverkehr schaffen – und jüngste Urteile unterstreichen, wie wichtig es ist, die Zivilgesellschaft nicht durch Transparenzbeschränkungen abzuschrecken.
 
5. Unbeabsichtigte Folge: Durch die Beschränkung auf ausländische Finanzierung könnte das Gesetz unbeabsichtigt legitimen, offenen und transparenten zivilgesellschaftlichen Organisationen schaden. Es besteht die reale Gefahr der Stigmatisierung und Schikanierung, wie ähnliche Gesetze in anderen Ländern gezeigt haben. Dadurch würde die Struktur der Zivilgesellschaft geschwächt werden.
 
 
Obwohl das DoD-Paket zwar sehr begrüßenswerte Empfehlungen zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements enthält, würden die positiven Auswirkungen dieser Empfehlungen wahrscheinlich durch die Richtlinie zur Auslandsfinanzierung überschattet werden.
 
Die Befürworter:innen der Demokratie innerhalb der EU sind nicht nur über die Bedrohungen aus dem Ausland besorgt, sondern Sorgen sich ebenfalls um die Förderung einer lebendigen Zivilgesellschaft im eigenen Land. Um eine widerstandsfähige und demokratische EU aufzubauen, müssen wir uns mit beiden Themen befassen – aber nicht auf Kosten des fundamentalen Beitrags der Zivilgesellschaft für eine blühende Demokratie.
 
 

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