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Italienisches Gericht blockiert Referenden - die Verfassungskontrolle erklärt

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Italienisches Gericht blockiert Referenden - die Verfassungskontrolle erklärt

22-02-2022

Das italienische Verfassungsgericht blockierte am Dienstag den Versuch ein Referendum über die freiwillige Sterbehilfe abzuhalten und übertrug die Verantwortung für die Gesetzgebung auf die nationalen Gesetzgeber, die seit langem um eine Einigung über das Recht auf Sterbehilfe ringen. Auch das Referendum über die Legalisierung des Anbaus von Cannabis ist nicht stattgegeben worden während fünf andere Referenden erfolgreich waren. Alle Initiativen hatten genug Unterschriften. Was ist passiert?

Von Alina Krintovski

Aktivisten hatten über eine Millionen Unterschriften für das Referendum zum Recht auf selbstbestimmtes Sterben gesammelt und damit die für eine Volksabstimmung zur Ände-rung bestehender Gesetze erforderliche Schwelle von 500.000 Unterschriften weit über-schritten. Die Maßnahme hätte Änderungen am Strafgesetzbuch des Landes in Bezug auf Mord vorgeschlagen und die Strafen für diejenigen abgeschafft, die den Wunsch nach Ster-behilfe von Patienten erfüllen, die unheilbar krank sind oder zu starke Schmerzen erleiden. Der Vorschlag sah vor, aktive Sterbehilfe in den Formen, die das Gesetz über die informierte Zustimmung und die Patientenverfügung vorsieht, und bei Vorliegen der durch ein Urteil des zu einem Sterbehilfe Fall eingeführten Voraussetzungen erlaubt. Strafbar bleibt es, wenn die Tat an einer entmündigten Person oder an einer Person, deren Zustimmung durch Gewalt oder Drohung erpresst wurde, oder an einem Minderjährigen von achtzehn Jahren begangen wird.    

Die Initiative zur Entkriminalisierung von Cannabisanbau und des Eigenkonsums hat die er-forderlichen Unterschriften um 100.000 überschritten und wäre damit prinzipiell zulässig für eine offizielles Referendum.

Referenden sind in Italien rechtsverbindlich, der Staat muss das Ergebnis also umsetzen. Seit 1947 ist festgelegt, dass ein allgemeines Referendum zur vollständigen oder teilweisen Auf-hebung eines Gesetzes oder einer Maßnahme mit Gesetzeskraft abgehalten werden kann, wenn dies von fünfhunderttausend Wahlberechtigten oder fünf Regionalräten beantragt wird. Das bedeutet also, dass es sich in Italien um ein sogenanntes Veto-Referendum han-delt bei dem bestehende Gesetze neu verhandelt oder abgeschafft werden können. Auf Grund der Pandemie war es im Jahr 2021 erstmals möglich gewesen diese Unterschriften auch online zu sammeln. Über ein Gesetz zur Regelung der Steuern, des Haushalts, der Am-nestie oder der Begnadigung sowie über ein Gesetz zur Ratifizierung eines internationalen Vertrages kann allerdings kein Referendum abgehalten werden.    

Nachdem die Unterschriften für ein Referendum gesammelt worden sind, muss das italieni-sche Verfassungsgericht über das Referendum entscheiden. Dabei wird auch geprüft, ob das Referendum mit der Verfassung vereinbar ist.

Für die genannten Fälle hat das Verfassungsgericht nun entschieden, dass dem nicht so sei. Das Verfassungsgericht entschied, dass das Referendum zur Sterbehilfe unzulässig sei, da die Aufhebung der Strafen nicht das verfassungsrechtlich erforderliche Mindestmaß an Schutz des menschlichen Lebens im Allgemeinen und im Besonderen der Schwachen und Verletzlichen gewährleisten würde. Mit dem Referendum würden also die grundlegenden Menschenrechte verletzt. In der Pressekonferenz zur Erklärung über die Entscheidung sagt Gerichtspräsident Giuliano Amato, dass die Zustimmung zum Referendum und ein positives Ergebnis daraus auch erlaubt hätte, dass Menschen straffrei davonkommen, die Menschen ohne ihre Einwilligung töten und Euthanasie als Grund dafür vorhalten. Weiter sagt er, dass die Situationen, in denen Menschen Sterbehilfe in Anspruch nehmen könnten, individuell entschieden werden müssen und nicht alle allgemein durch ein Referendum beschlossen werden könnten.

Zur Cannabislegalisierung argumentiert Amato, dass es bei dem Referendum auch um so-genannte harte Drogen wie Kokain gegangen wäre. Hätte das Referendum Erfolg gehabt, würde man die internationale Pflichten Italiens im Kampf gegen die Rauschgiftkriminalität verletzen. Das Gesetz, um das es bei dem Cannabisreferendum ging und das durch das Refe-rendum in Frage gestellt worden ist, beinhaltet das Verbot des Anbaus jeder Pflanze, die für Drogen gebraucht werden kann. Die Cannabis Initiative schlug zunächst vor, den Anbau jegli-cher Pflanzen zu entkriminalisieren, indem auf die Bestimmung von Artikel 73, Absatz 1 zu-rückgegriffen wird, und die Freiheitsstrafe für jegliches unerlaubte Verhalten in Bezug auf Cannabis und Cannabis-ähnliche Substanzen für den Eigengebrauch (Tab. II und IV) abzu-schaffen. Das schließt den Anbau von beispielsweise Schlafmohn, der für die Gewinnung von Opiaten genutzt wird, nicht aus. Es würden allerdings auch nicht alle Drogen legalisiert: Die Straftatbestände der unerlaubten Erzeugung, der Herstellung und des Besitzes blieben bei einem erfolgreichen Veto bestehen und könnten auch auf Erzeuger angewandt werden, die zum Zwecke des Handels produzieren. Auf diese Weise sollte Staatsanwälten und Strafver-folgungsbehörden das letzte Standbein bei der Verfolgung von Personen, die für den Eigen-bedarf anbauen, entzogen werden. Mit Ausnahme von Cannabis und Pilzen, so die Initiative, erfordern sämtliche andere Pflanzen auch einen weiteren Schritt in der Produktion von Dro-gen, um diese final konsumieren zu können. Dieser Produktionsschritt soll weiterhin illegal bleiben.

Die Initiative Cannabis in Italien hat den Vorschlag auch juristisch durch das Consiglio Nazio-nale Forense (CNF) in Rom akkreditieren lassen. Das CNF ist das institutionelle Vertretungs-organ der italienischen Anwaltschaft und vertritt insofern den gesamten Berufsstand der Rechtsanwälte. Auch die Initiative zur Sterbehilfe hat sich den Vorschlag durch viele Experten aus dem juristischen und strafrechtlichen Bereich bestätigen lassen.

Eine solche Initiative, die zu einem Referendum führen soll, ist in der Regel sehr teuer und basiert finanziell auf Spenden und der Unterstützung durch Vereine. Dementsprechend er-nüchternd ist das Ergebnis dann für all jene, die den Vorschlag durch sehr viel Zeit und Geld unterstützt haben. Dementsprechend ist es wichtig, dass Vorschläge so präzise wie möglich geschrieben werden und Initiativen so durchgeführt werden, dass ein Erfolg wahrscheinlich ist.

 

Image Courtesy: dumplife (Mihai Romanciuc) (CC BY-SA 2.0) (www.flickr.com/photos/62585343@N00/360596228/in/photolist...)

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