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Das schwedische Modell der direkten Demokratie

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Country in Focus Sweden

Das schwedische Modell der direkten Demokratie

22-09-2017

In der Reihe "Country in focus" befasst sich Democracy International mit Entwicklungen und Fortschritten in der modernen direkten Demokratie und der weltweiten Bürgerbeteiligung. In diesem Monat steht Schweden im Mittelpunkt.

Am 13. September hatte Schweden den Tag der Bürgerinitiative mit der Veröffentlichung einer nationalen Plattform für Bürgerinitiativen begangen: Folkinitiativ.se. Wir sprachen mit Thomas Larsson, dem Projektleiter von Folkinitiativ.se und Gründer von Demokratiskolan, kurz vor dem Start der Plattform und der Verleihung der ersten „Demokratirosen“, der Rose der Demokratie, einem Preis, der Bürgerinitiativen in Schweden würdigt. 

(Das Interview wurde zuerst in englischer Sprache veröffentlicht. Hier können Sie das original Interview lesen.) 

 

Können Sie uns etwas über Ihre Organisation Demokratiskolan erzählen? Was sind Ihre Hauptziele?

Das Hauptziel besteht darin, das Bewusstsein und das Wissen über Demokratieinstrumente in Schweden wie Bürgerinitiativen und Bürgerdialoge zu stärken. Ich komme ursprünglich aus dem Bereich der Erwachsenenbildung. In Schweden gibt es dieses Feld bereits seit über hundert Jahren, um Privatpersonen dabei zu helfen, ihr staatsbürgerliches Bildungsniveau zu verbessern. Wir haben mehr als ein Dutzend solcher Bildungsorganisationen in Schweden und Demokratiskolan ist ein Projekt davon. Wir haben uns darauf spezialisiert, Menschen dabei zu helfen, sich in den politischen Prozess einzubringen und sich mit ihm zu beschäftigen.

In der Tat gibt es große Herausforderungen in Bezug auf die politische Kultur in Schweden, insbesondere auf der lokalen Ebene. Unsere Politiker sind erstaunlich altmodisch, wenn es um partizipative Demokratie geht. Nur 18% unserer Bürgermeister interessieren sich überhaupt für das Engagement von Bürgern.  In Schweden gibt es auch keine Behörden, die die Menschen über diese Themen informieren und aufklären. Wenn Sie eine Bürgerinitiative vor Ort starten wollen, können Sie nicht nachfragen. Die Informationen sind da, aber sie sind sehr schlecht.

Unser Ziel ist es, das Knowhow zu erweitern und zu verbreiten, und das ist vor allem ein großer Kommunikationsaufwand. Wir wollen nur Bewusstsein schaffen für das, was bereits existiert. Als das Bürgerinitiativgesetz 2011 in Kraft trat, gab es direkt die ersten Bürgerinitiativen. Die Bürger nutzten das Instrument als Mittel gegen die Schulreform. Die Regierung hatte kleine lokale Schulen im ganzen Land geschlossen, genau zur der Zeit als das neue Gesetz für Bürgerinitiativen beschlossen wurde. Das neue Instrument wurde also dazu benutzt, um einen Konflikt zwischen den Politikern und den Bürgern auszutragen, anstatt es als ein Werkzeug zu sehen, mit dem sie besser miteinander kommunizieren können.

Haben Sie seitdem das Gefühl, dass sich die Bürgerinitiative weiterentwickelt hat, fühlen sich die Menschen heute anders?

Nicht wirklich, es gibt immer noch ein sehr geringes Bewusstsein darüber, die Leute wissen nicht, dass es existiert... Naja, ich schätze, es ist ein bisschen besser geworden. Die Bürgerinitiativen wurden durch den Konflikt über die Schulen in Schweden in Gang gesetzt und haben dadurch mehr Aufmerksamkeit bekommen, aber es war immer noch ein sehr schlechter Start. Unser neues Projekt Folkinitiativ.se konzentriert sich nun ausschließlich auf die Bürgerinitiative und das Referendum, bei dem Demokratiskolan mehr auf die partizipative Demokratie als auf die Partizipation setzt.

Ja, Sie starten heute Ihr neues Projekt Folkinitiativ!

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Was sind also einige der Kernpunkte, die Sie und Ihre Organisation für eine Verbesserung der Bürgerinitiative halten?

Zum einen geht es darum, den politischen Respekt vor der Entscheidung des Volkes zu erhöhen, heute halten sich Politiker oft nicht mehr wirklich an das Ergebnis. Selbst wenn die Leute eine Volksabstimmung erfolgreich beenden, kümmert sich die Politik nicht um das Ergebnis, denn formell sind Volksabstimmungen vor Ort nur beratend. Eines unserer Ziele ist es daher, den verbindlichen Charakter, der de-facto besteht, zu stärken.

Eine weitere Aufgabe ist es die Initiativen bei der Erfüllung der Anforderungen und Verwaltungsvorschriften zu unterstützen. Sie (Die Regierung) haben enorme administrative Anforderungen geschaffen, um Initiativen zu verhindern, so dass wir die Organisatoren darüber aufklären und ihnen helfen, damit sie die Bürgerinitiative nutzen können. Wir wollen, dass alle Initiativen die Hürden nehmen können, damit sie zu einer Volksabstimmung führen. Die Regel dafür ist aber, dass Sie Unterschriften von mindestens 10 % der Bürger sammeln müssen.

Sie verteilen heute zum ersten Mal den Demokratirosen-Preis?

Ja, es ist ein neuer Preis für die beste Bürgerinitiative in Schweden.

Wie entscheiden Sie, welche Bürgerinitiative die Beste ist?

Wir prüfen, ob sie einen Prozess entwickelt haben, der die Bürgerinitiative in gewisser Weise verbessert. In Wirklichkeit gibt es natürlich kein richtiges Handbuch, wie man eine Bürgerinitiative organisieren kann, also schauen wir uns die Organisatoren an, die gute Praktiken entwickelt haben. Ein weiteres Kriterium ist, ob sie es geschafft haben, viele Menschen zu überzeugen. Es muss sich auch um ein Thema handeln, das für alle gut ist; das Instrument sollte nicht als Instrument zur Diskriminierung von Menschen benutzt werden.

Welche Initiative hat gewonnen?

Es ist eine Initiative von Vaxholm, im Stockholmer Archipel. Hier haben einige sehr aktive und engagierte Bürger vorgeschlagen, einen alten Schulkomplex zu einem Kulturzentrum zu entwickeln, während die Mehrheit der Gemeindeverwaltungen die Gebäude zerstören und Hunderte von Wohnungen bauen wollte. Eine erste Initiative wurde von der Gemeinde für ungültig erklärt, so dass sie im zweiten Anlauf mindestens 10 % der Wähler zusammenbringen mussten - und das gelang. Am 10. September hat mehr als die Hälfte aller Bürger in Vaxholm an einer Volksabstimmung teilgenommen und den Vorschlag der Bürgerinitiative unterstützt. Ein wunderbarer Erfolg für die moderne direkte Demokratie in Schweden und ein würdiger Gewinner des diesjährigen Democracy Rose Awards.

Eine letzte Frage, die sich auf die schwedischen Erfahrungen stützt: Gibt es irgendwelche Verbesserungen, die Sie für die Einbeziehung der Bürger in Europa vorschlagen könnten? Welche Lehren kann die Europäische Bürgerinitiative ziehen?

Ich denke, die Ausgangssituation ist sehr unterschiedlich, die Europäische Bürgerinitiative muss mehr eine transnationale Netzwerkorganisation sein. Man kann sie nicht vergleichen. In Schweden können wir uns in kleinen Dingen engagieren, in kleinen Dörfern und Städten.

Umgekehrt aber: Was wir wirklich wollen, was die EBI bereits hat, ist die Möglichkeit, Bürgerinitiativen elektronisch zu unterzeichnen! Das wäre wirklich eine Verbesserung. Jetzt müssen die Organisatoren auf der Straße stehen, das ist harte Arbeit: vor Einkaufszentren stehen und Unterschriften sammeln. Wir sollten es so organisieren, dass sie es im Internet tun können, das wäre eine große Verbesserung. So würden Möglichkeiten eröffnet werden, um die Zahl der potenziellen Unterzeichner zu erhöhen.

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