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Die Klima-Erklärung von Palermo: Versprechen und Kompromisse

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Die Klima-Erklärung von Palermo: Versprechen und Kompromisse

12-11-2021

Darragh Power, Praktikant bei Democracy International, gibt einen Einblick in die TRANSEUROPA-Versammlung in Palermo. Er reiste als Teilnehmer nach Sizilien - seine Erfahrungen, Eindrücke und Gedanken zum Event bilden die Grundlage für diesen Bericht. 

Von Darragh Power

 

Während die Konferenz zur Zukunft Europas (CoFoE) ihre zweite Plenarsitzung in Straßburg abhielt, fand eine weitere ergänzende Versammlung in Palermo auf Sizilien, statt. Die TRANSEUROPA-Versammlung in Palermo bildete den Höhepunkt einer Reihe Veranstaltungen - "Versammlungen der Solidarität" -, die an zwanzig Orten in zehn Ländern in ganz Europa stattfanden und ebenfalls die Zukunft Europas zum Thema hatten. Einige der Teilnehmer*innen, darunter auch ich, trafen sich schließlich persönlich unter der alten, dachlosen Kirche von Lo Spasimo mit Bürger*innen aus Palermo und Tunis und Organisator*innen von European Alternatives in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und anderen Mitgliedern der Koalition Citizens Take Over Europe. Die Frage, die an diesem Wochenende ganz oben auf der Tagesordnung stand, lautete: Wie lässt sich eine Umweltkatastrophe verhindern?    

Dieser Schwerpunkt entlastete mein Gewissen nicht von dem Gefühl, etwas schuldig und heuchlerisch zu sein, da ich zu einer Konferenz über den Klimawandel geflogen war. Nichtsdestotrotz hatte ich mir geschworen, dass meine aktive Teilnahme und meine positiven Beiträge auf der Versammlung meine CO2-Reisekosten im Großen und Ganzen würden ausgleichen können. Dies wirft die Frage nach der persönlichen und der systemischen Verantwortung auf. Ist eine Flugreise grundsätzlich schlimmer als die Wahl von Plastiktüten gegenüber Papiertüten beim Einkaufen? Oder ist es nur ein gradueller Unterschied? Und wer trägt die Verantwortung für den Wandel - vor allem, wenn diejenigen, die am meisten für die Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, nicht bereit sind, den Wandel anzuführen?

So wie Muskeln in der Ruhephase nach einem intensiven Training aufgebaut werden, gewinne auch ich ein besseres Verständnis für die Versammlung in Palermo, wenn ich über die Ereignisse dieses Wochenendes nachdenke. Ich blicke zurück und sehe ein halbstrukturiertes kollektives Experiment, bei dem versucht wurde, in einem Sturm ein besseres Boot zu bauen. Aber ich sehe auch Menschen, die auf dem Meer verloren sind und sich an Holzplanken festhalten müssen. Unsere Gruppe beriet sich, sprach mit Expert*innen, machte Vorschläge und gemeinsam formulierten wir die Palermo-Klimaerklärung

Zeit für einen Wandel    

Von vorhergegangenen Versammlungen hervorgehobenen Grundsätze wurden in sechs Gruppen zusammengefasst. Teilnehmende konnten sich dann, der für sie am interessantesten erscheinenden Gruppe anschließen. Vincenzo, ein Einheimischer aus Palermo, und ich schlossen uns der Gruppe über Klimaflüchtlinge an, die von Kasia Wojcik geleitet wurde. Wir begannen mit einer Diskussion über die Unzulänglichkeiten des humanitären Rahmens, der dazu neigt, die Menschen zu entpolitisieren. Wir fragten uns auch, ob es überhaupt sinnvoll ist, zwischen verschiedenen Arten von Flüchtlingen zu unterscheiden. Besteht die Gefahr, dass dadurch "erwünschte" und "unerwünschte" Flüchtlinge konstruiert werden? Ist zum Beispiel Armut ein weniger triftiger Grund, seine Heimat zu verlassen, als Umweltschäden? Warum sehen sich Menschen gezwungen, ihre Heimat zu verlassen? Sollte sich die internationale Gemeinschaft nicht darauf konzentrieren, diese Ursachen zu verhindern, zu mildern und zu entschärfen? Daher schlugen wir vor, dass die Menschen das Recht haben sollten, ihren Heimatort zu wählen - zu bleiben oder zu gehen. Wir haben unsere Grundsätze dargelegt und diejenigen hervorgehoben, die unserer Meinung nach am wichtigsten sind und letztendlich in der Klimaerklärung aufgenommen werden sollten.    

Nach dem Mittagessen hatte ich ein aufschlussreiches Gespräch mit einem der Gastredner, Erwin Mayer, der Vorstandsmitglied von Democracy International und Sprecher von Mehr Demokratie Österreich ist. Wir sprachen über das altgriechische Kleroterion - eine Einrichtung, mit der Athener*innen nach dem Zufallsprinzip in Machtpositionen gewählt wurden, die sie für einen begrenzten Zeitraum unter Bedingungen der Rechenschaftspflicht innehatten. Die Idee dahinter war, den korrumpierenden Einfluss der Macht zu vermeiden. Bürgerversammlungen beruhen häufig auf dieser zufälligen Auswahl der Teilnehmenden, wodurch der Einfluss von Interessengruppen und Berufspolitikern eingeschränkt werden kann. Das passiert, so Erwin, wenn bestimmte andere Bedingungen erfüllt sind - wie etwa, dass Initiativen mit bottom-up-Prinzip vom Volk kommen, die zu Bürger*innenbefragungen und zu verbindlichen Referenden führen.    

Jedenfalls sprechen wir beide nicht von Demokratie im Sinne der alltäglichen Idee von "eine Person, eine Stimme". Wir sind beide desillusioniert von der repräsentativen Demokratie, die dem Einfluss von Unternehmen und Karrierismus unterworfen ist.    
Aber sollten nicht die Menschen, die am stärksten von politischen Maßnahmen betroffen sind, direkt an der Formulierung dieser Maßnahmen beteiligt werden? Erwin wirft die schwierige Frage auf, wie man zwischen den vielen, die sich als direkt Betroffene bezeichnen, unterscheiden kann. Er erwähnt ein Beispiel aus seiner Heimat, als er mit NIMBY-ism ("Not in my back yard") konfrontiert wurde, als es um den geplanten Bau eines neuen Fahrradwegs ging. Sollte die öffentliche Verwaltung den Interessen der Anwohner*innen nachgeben, oder überwiegt der öffentliche Nutzen verbesserter Radwege? Sollte eine Kompromisslösung gefunden werden? Auf jeden Fall ist es nicht immer einfach zu bestimmen, welche betroffenen Gruppen wirklich am wichtigsten sind - vielleicht bleibt das eine politische Entscheidung, mit der sich Progressive identifizieren und verbünden müssen.    

Bevor wir uns in Arbeitsgruppen aufteilten, war es an der Zeit, dass sich die Expert*innen einbrachten. Als einer der Gastredner skizziert Erwin sein Modell der direktdemokratischen Regierungsführung. Als nächstes sprach Andrea Salimbeni, Ingenieur für Forschung und Entwicklung und Aktivist bei EUmans, über Energie - insbesondere über das EU-Emissionshandelssystem (ETS) und dessen Unzulänglichkeiten. Nach den Vorträgen der beiden Referenten teilten wir uns in zwei Arbeitsgruppen auf, die sich entweder mit Demokratie oder mit Energie befassten - mit der Aufgabe, in jedem Bereich politische Maßnahmen vorzuschlagen, die die zuvor festgelegten Grundsätze widerspiegeln sollten. Ich fand die Aufgabe in der Energie-Arbeitsgruppe herausfordernd. Wir konzentrierten uns auf Vorschläge, um Anreize für nachhaltiges Verhalten zu schaffen und auffälligen Konsum zu verhindern. Aber unser Handeln schien zu sehr von der Notwendigkeit bestimmt zu sein, der Marktlogik zu folgen. Das gab mir zu denken, dass solch wichtige Entscheidungen nicht in den Händen einiger weniger Privilegierter liegen dürfe. Wenn wir den Klimawandel auf gerechte und wirksame Weise angehen wollen, müssen Menschen aus allen Gesellschaftsschichten in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden.

Am selben Wochenende nahmen einige von uns an einer Abendveranstaltung auf der nahe gelegenen Piazza Mediterraneo Pubblica teil, die von den Bewohner*innen des provisorischen Migrantenlagers von Campobello organisiert worden war. Ihre Häuser waren zwei Wochen zuvor buchstäblich bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Ein Mann kam bei dem Brand ums Leben. Sie hatten kein Wasser zur Hand, um die Flammen zu löschen, und konnten nur zusehen, wie das Feuer das Wenige, das sie besaßen, vernichtete. "Sie dachten, wir hätten vorher nichts gehabt; jetzt haben wir wirklich nichts.“ Die am stärksten gefährdeten und am wenigsten für den Klimawandel verantwortlichen Menschen auf dem Planeten Erde sind bereits jetzt am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffen.    

Wenn wir darüber nachdenken, einen Wandel herbeizuführen - nicht nur in ökologischer, sondern auch in sozialer Hinsicht -, dann betrifft eine der Hauptfragen die Endlichkeit unserer Existenz. Das Versprechen von Wohlstand für alle kann nicht über die fortwährende Praxis der modernen Sklaverei herrschen. Kapitalismus hat die Welt in zwei Teile gespalten. Diejenigen, die zählen, und diejenigen, die nicht zählen. Er hat sich von seinem liberal-demokratischen Prototyp gelöst und ist eine polyamoröse Beziehung mit allen Kulturen eingegangen, auch mit autoritären. Da die liberal-demokratischen Systeme (die selbst von Demokratiedefiziten und jahrelangen Sparmaßnahmen gezeichnet sind) mit den autoritären Varianten des Kapitalismus konkurrieren müssen, könnten wir uns wie Bob Dylan in den 60er Jahren fragen: "Wie viele Jahre können manche Menschen existieren, bevor sie frei sein dürfen?"    

Wenn ich über die Ursprünge unserer modernen Wirtschaft nachdenke - Kolonialismus, Ausbeutung und Extraktion -, dann fällt mir auf, dass wir sie nicht hinter uns gelassen haben. Wir sind immer noch auf fossile Brennstoffe angewiesen, um unsere Städte zu versorgen und wir sind immer noch auf Ausbeutung angewiesen, die häufig ausgelagert wird - es gibt kein Apple ohne Foxconn.    

Die Konferenz zur Zukunft Europas bietet den Bürger*innen die Möglichkeit, sich stärker an den Entscheidungen zu beteiligen, die ihr Leben betreffen, aber das reicht bei weitem nicht aus. Parallele Versammlungen wie die Versammlung von Palermo bieten den Bürger*innen Raum, um diese wichtigen Themen zu diskutieren - aber auch hier sitzen nicht alle mit am Tisch und nichts ist rechtlich bindend. Diejenigen, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, obwohl sie am wenigsten dafür verantwortlich sind, fehlen am Tisch der Entscheidungsträger*innen. Ihre Stimme ist wichtig. Solange ihre Stimme bei politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen kein angemessenes Mitspracherecht erhält, werden unsere Diskussionen hohl klingen. Haben Sie Vorschläge, wie man fürsorgliche, widerstandsfähige und reaktionsfähige Gemeinschaften aufbauen kann? 

 

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