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Mini-Europa diskutiert über die Zukunft von Europa

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Mini-Europa diskutiert über die Zukunft von Europa

18-05-2021

Die ersten Europawahlen zur Direktwahl des Europäischen Parlaments fanden 1979 statt. Im Jahr 2012 wurde die Europäische Bürger*innen-Initiative als weltweit erstes Instrument der transnationalen direkten Demokratie geboren. Im Herbst 2021 wird nun die allererste deliberative Bürger*innen-Versammlung Europas tagen.

Von Daniela Vancic

Die Konferenz über die Zukunft Europas wurde schon lange erwartet, noch bevor sie einen offiziellen Titel erhielt. Zivilgesellschaftliche Organisationen, Demokratie-Aktivist*innen und einige Politiker*innen haben nach einer Gelegenheit gerufen, bei der Bürger*innen zusammenkommen können, um ernsthaft über Europa zu diskutieren und darüber, wo seine Prioritäten liegen sollten. Nach der rekordverdächtigen Wahlbeteiligung bei der Europawahl 2019, der ersten EU-Wahl seit dem Brexit, war den Verantwortlichen schließlich klar, dass ein echter Dialog gemeinsam mit den Bürger*innen stattfinden muss - und zwar nicht nur symbolisch. 

Aber wie kann man die Stimme von "durchschnittlichen" Europäer*innen in einer Bevölkerung von fast 500 Millionen erreichen und Gehör verschaffen? Die europäischen Institutionen sahen sich partizipative Beispiele in den Mitgliedstaaten an, wo Länder wie Irland, Frankreich und Deutschland mit zufällig ausgewählten Bürger*innen-Versammlungen experimentiert haben und diese mehr auf lokaler oder regionaler Ebene einbezogen haben. Allerdings ist Europa kulturell und sprachlich sehr vielfältig, und die Einrichtung eines "Mini-Europas" erfordert mehr Überlegung und Planung auf transnationaler Ebene. 

Europäische Bürger*innen-Versammlungen, genannt Bürger*innen-Panels, werden das Mini-Europa bilden, das über die Zukunft Europas diskutiert. Die Bürger*innen-Panels werden über Themen diskutieren, die bereits von den EU-Institutionen festgelegt wurden, wobei die festgelegten politischen Prioritäten der Institutionen, ihre strategischen Agenden und die Herausforderungen durch die Covid-19-Pandemie berücksichtigt werden. Die 9 Kategorien sind: 1. Klimawandel und Umwelt, 2. Gesundheit, 3. eine stärkere Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit und Arbeitsplätze, 4. die EU in der Welt, 5. Werte und Rechte, Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit, 6. digitale Transformation, 7. europäische Demokratie, 8. Migration, 9. Bildung, Kultur, Jugend und Sport. Eine eigene Kategorie für "andere Ideen" wird reserviert. 

Die Bürger*innen-Panels werden repräsentativ für die soziologische Vielfalt der EU sein und auf den Kriterien der geografischen Herkunft, des Geschlechts, des Alters, des sozioökonomischen Hintergrunds und/oder des Bildungsniveaus der Bürger*innen basieren. Ein Drittel jedes Bürger*innen-Panels wird für junge Menschen im Alter von 16 bis 25 Jahren reserviert sein, um die Perspektive der Jugend in Europa zu stärken.

Es wird 4 Bürger*innen-Panels auf EU-Ebene geben, die jeweils aus 200 zufällig ausgewählten Bürger*innen aus allen Mitgliedstaaten bestehen. Die Mitgliedstaaten werden nach dem Prinzip der degressiven Proportionalität vertreten sein, genau wie bei der Zusammensetzung des Europäischen Parlaments, wo bevölkerungsärmere Staaten proportional stärker vertreten sind.

Die Bürger*innen-Panels werden in 5 Beratungssitzungen tagen: 1 Eröffnungssitzung, 3 Arbeitssitzungen und 1 Abschlusssitzung. Die 3 Arbeitssitzungen werden 2,5 Tage lang sein, und 1 Sitzung wird digital sein. Jedes Panel wird bestimmten Kategorien und Themen gewidmet sein und in einer anderen europäischen Stadt tagen. 

Zusätzlich zu den bereits festgelegten Kategorien werden die Bürger*innen-Panels mit Ideen aus der Online-Plattform der Konferenz versorgt, die am 19. April gestartet ist. Auf der Online-Plattform sind alle Menschen eingeladen, Ideen und Vorschläge zur Zukunft Europas einzureichen, und die Nutzer*innen können die bereits vorhandenen Vorschläge und Kommentare unterstützen. Welche Anregungen und Vorschläge aus der Online-Plattform letztlich in die Bürger*innen-Panels gelangen und wie darüber entschieden wird, ist allerdings noch offen.

Die Bürger*innen werden auch Teil des 433-köpfigen Plenums der Konferenz sein, das die Empfehlungen, die die Bürger*innen-Panels beraten, entgegennehmen und die Ergebnisse ausarbeiten wird. Insgesamt werden 108 Bürger*innen dem Plenum angehören. Die genaue Aufteilung: 80 Bürger*innen werden aus den Bürger*innen-Panels kommen, 27 Bürger*innen (1 pro Mitgliedstaat) aus nationalen Bürger*innen-Versammlungen oder nationalen Veranstaltungen, und 1 Bürger*in wird aus dem Europäischen Jugendparlament kommen. Der Rest der Plenarteilnehmer*innen kommt aus dem Europäischen Parlament, den nationalen Parlamenten, dem Rat, der Kommission, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, dem Ausschuss der Regionen sowie den Sozialpartner*innen und der Zivilgesellschaft. 

Und zu guter Letzt erarbeitet das Plenum auf konsensualer Basis die Ergebnisse der Bürger*innen-Panels, nachdem es sie selbst diskutiert hat, und legt sie dem Vorstand vor. Der Vorstand erstellt, ebenfalls auf konsensualer Basis, einen Bericht und veröffentlicht ihn auf der Online-Plattform. Im Frühjahr 2022 wird der Bericht schließlich den Vertreter*innen des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, die die gemeinsame Präsidentschaft der Konferenz bilden, vorgelegt, die jeweils im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und in Übereinstimmung mit den Verträgen über das weitere Vorgehen entscheiden. 

Während die Konferenz im Frühjahr 2022 enden soll, fordert Democracy International, dass die Konferenz den Auftakt für einen mehrjährigen Prozess der Überprüfung und Reform der europäischen Demokratie bildet. Die Konferenz sollte ihre einmalige Gelegenheit nutzen, gemeinsam mit den Bürger*innen den Umfang der demokratischen Reformen zu überprüfen, die unter den aktuellen Verträgen stattfinden können, und, falls nötig, Vorschläge für Vertragsänderungen zu unterbreiten. Wenn die Konferenz in ihrem Abschlussbericht eine Vertragsänderung empfiehlt, sollten die EU-Institutionen gemäß Artikel 48 des Lissabon-Vertrags einen offiziellen Konvent einberufen, der, wie unsere Forderungen an die Konferenz, demokratisch, transparent und inklusiv ist. Als letzter Schritt sollte es ein EU-weites Referendum über die endgültigen Ergebnisse des EU-Konvents geben. 

Die Konferenz begann offiziell und feierlich am 9. Mai, dem Europatag, und wurde per Livestream übertragen. Mit dem Beginn der Konferenz ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Bürger*innen im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen, und hoffentlich kann mit ihrem ersten Treffen im Herbst 2021 endlich ein neues Kapitel in der demokratischen Geschichte Europas beginnen.

Photo by Juliane Liebermann on Unsplash  

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