Und sobald die Kuppel stand, dauerte es nicht lange bis der geschaffene Raum für Diskussionen genutzt wurde. Es zeigte sich, dass auch in Bonn die Holzkonstruktion wie bei den vorherigen Events die Aufmerksamkeit auf sich zog und zahlreiche Interessierte anlockte – darunter zunächst vor allem Kinder. Doch obwohl die Kuppel für sie eher als Klettergerüst und Spielplatz diente, fanden auch sie bereits Antworten auf die Frage, wie das Zusammenleben in der EU sein sollte, nämlich harmonisch. Mit den Worten „Keiner soll sich ärgern“ äußerte ein kleiner Junge einen Wunsch, dem sicherlich viele zustimmen.
Viele Bürger und Bürgerinnen verbinden mit der EU Frieden, welcher schließlich auch das Gründungsmotiv der Europäischen Union nach dem Zweiten Weltkrieg ausmachte. Doch während des ersten organisierten Gesprächskreises zu dem Thema „Wie kann die EU demokratischer werden?“ wird deutlich, dass der heutige Zweck der EU nicht mehr so klar ist: Bündnis der Friedenssicherung, Wirtschaftsunion und/ oder Schaffung eines Staatenbundes sind nur Beispiele für mögliche Ausgestaltungen. Eine einheitliche Vision von Europa existiert heutzutage nicht, was die unter Kuppel lebhaft diskutierten Fragen aufwirft: Wie viel Europa braucht es eigentlich? Welche Rolle spielt der Nationalstaat? Braucht es eine europäische Verfassung? Wie stark müssen die Bürger und Bürgerinnen eingebunden werden? Der zentrale Aspekt, der dabei jedoch immer wieder zu Sprache kam, war letztlich die Identifikation mit der EU und die Verbindung der verschiedenen Identitäten des Einzelnen. Denn nur durch die Berücksichtigung dieser kann eine wesentliche Voraussetzung, auf die sich alle Teilnehmer einigen konnten, erfüllt werden: Europa muss eine Herzensangelegenheit werden und die Diskussion um die Zukunft Europas emotionalisiert werden.
Emotional war auch der zweite Gesprächskreis des Tages zu der Frage, wie ein soziales Europa erreicht werden kann. Hierbei drehte sich die Diskussion unter anderem um Themen wie Höhe und Art der Steuern, richtige Verteilung der Finanzmittel und das Konzept der Gemeinwohlökonomie. Der allgemeine Wunsch aller Teilnehmer war es, in der EU Menschlichkeit zu zeigen und Gerechtigkeit zu fördern. Allerdings ist die Auslegung dieser Begriffe sehr verschieden, was es schwierig machte, einen einheitlichen Standpunkt zu finden. Nichtsdestotrotz verlief die neutral moderierte Diskussion harmonisch ab. Und spätestens die von einem Werbestand verteilten roten Rosen am Ausgang der Kuppel zauberte Allen wieder ein Lächeln auf die Lippen.
Im Laufe des Tages konnten wir sehr interessante und auch unterschiedliche, zum Teil konträre Ansichten sammeln. Während einige vorbeikommende Stadtbummler spontan die Einladung annahmen, sich unter der Kuppel zu beteiligen, bevorzugten andere wiederum ihre Meinungen und Anregungen in persönlichen, kurzen Gesprächen mitzuteilen oder auf bunte Karten zu schreiben. Alles in allem fand die Veranstaltung großen Anklang bei den Bürgern und Bürgerinnen Bonns. Das gute Wetter, die positive Stimmung und die zahlreichen konstruktiven Beiträge machten die Auftaktveranstaltung der NRW-Tour zu einem vollen Erfolg!
Dieser Beitrag wurde zuerst auf der European Public Sphere Website veröffentlicht. Dort gibt es auch weitere Berichte über vorherige Veranstaltungen.