Newsletter N°26 - April 2022
EDITORIAL
Wenn sich eine (Konferenz-)Tür schließt, öffnet sich eine andere (Konvents-)Tür
Das große europäische Demokratieexperiment neigt sich dem Ende zu. Wir haben die Konferenz über die Zukunft Europas im vergangenen Jahr aufmerksam und kritisch verfolgt. Die Einbeziehung der innovativen Europäischen Bürger*innenpanels hat der Bürger*innenbeteiligung auf EU-Ebene eine neue Richtung und Dynamik gegeben.
Dabei hat der "Kiewer Moment", wie ihn die Mitglieder des Plenums der Konferenz nannten, unsere Sicht auf Europa verändert. Leider hat die Konferenz jedoch keine bindenden Befugnisse. Es obliegt den EU-Institutionen, in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich zu entscheiden, wie sie mit den Ergebnissen der Konferenz verfahren wollen.
Aber diese Konferenz kann und darf nicht das Ende unserer Gespräche über die Zukunft Europas sein. Seit Jahren fordert die Zivilgesellschaft, insbesondere Democracy International, die Einberufung eines neuen Europäischen Verfassungskonvents, in dem die Bürger*innen im Mittelpunkt stehen, um die europäischen Verträge neu zu schreiben und ein Europa zu schaffen, das für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gewappnet ist. Und nun werden sogar die einst tabuisierten Worte "Vertragsänderung" und "Konvent" auch von Politiker*innen in den Mund genommen. Die Teilnehmenden der Konferenz selbst fordern eine Wiederaufnahme der Diskussion über eine europäische Verfassung. Die Eiszeit ist vorbei: Wir Europäer*innen tauen endlich auf und wiederbeleben die Idee, die Demokratie in Europa neu zu erschaffen.
Als jemand, der die Konferenz zusammen mit meinen Kolleg*innen von Citizens Take Over Europe sehr genau verfolgt hat, kann ich mit Sicherheit sagen, dass es noch nie in der jüngeren europäischen Geschichte eine solche Dynamik für den Beginn eines grundlegenden demokratischen Wandels der EU gegeben hat. Die aktuelle Krise an den europäischen Grenzen, einschließlich der anhaltenden Energiekrise und der immer noch bestehenden Pandemie, machen deutlich, dass Europa, seine demokratischen Strukturen und seine Rolle in der Welt neu überdacht werden müssen.
Europa kann diese Entwicklung nicht aussitzen. Es muss diesen kritischen Impuls nutzen, um einen dauerhaften Wandel herbeizuführen. Und es muss dies gemeinsam mit den Bürger*innen im Zentrum tun, wenn Europa endlich ein echtes Europa der Bürger*innen werden soll. Diesen Moment zu verpassen, würde bedeuten, eine einzigartige demokratische Chance zu versäumen.
Wenn Sie mehr über die Konferenz und die Möglichkeiten eines Konvents im Anschluss an die Konferenz erfahren möchten, lesen Sie hier weiter.
Daniela Vancic
European Program Managerin, Democracy International e.V.
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