Newsletter N°2 - November 2017
EDITORIAL
Donald Trump bedroht die amerikanische Demokratie. Jedoch: Er hat sie auch inspiriert.
Die Bedrohungen sind leicht zu erkennen und es ist unmöglich sie zu überhören. Der amerikanische Präsident hat auf die demokratischen Institutionen - Presse, Gerichte, Gesetzgeber und selbst auf Wahlen eingeschlagen. Er äußerte rassistische, anti-migrations, sowie anti-islamische Appelle, kritisierte Frauen und Angehörige von Minderheitengruppen dafür, dass sie ihre Meinung äußerten. Seine Regierung berief eine Kommission zur Beschränkung des Wahlrechts.
Aber: Solche Erklärungen rüttelten auch die Demokratiebewegung wach. Medienorganisationen tun mehr, um die Amerikaner zu erreichen und die Bundesregierung herauszufordern. Richter haben sich erhoben, um die Verfassung zu verteidigen. Wahladministratoren haben die Trump-Verwaltung und ihre Beschränkungen unverblümt in Frage gestellt. Und die Bürger haben sich engagiert und zahlreich protestiert, auch mit einer Wildheit, wie es selten in der modernen US-Geschichte der Fall war.
Trump hat das amerikanische System entlarvt: das Gute, wie auch das Schlechte. Dieses System beruht nicht nur auf Gesetzen oder der Verfassung, sondern auch auf Verhaltensnormen. Trump trat diese Normen mit Füßen und hat so die Schwächen des Systems aufgedeckt. Aber sein Verhalten hat auch die Stärken hervorgehoben. Die demokratischsten Teile Amerikas befinden sich nicht in Washington D. C. oder bei der Bundesregierung. Die Kommunal- und Landesregierungen behalten beträchtliche Macht und pflegen die demokratische Verbindung mit dem Volk.
Diese Regierungen haben den Weg geebnet, als sie sich gegen die antidemokratischen Explosionen von Trump stellten. Sie haben den Präsidenten verklagt. Sie haben neue Schutzmaßnahmen für ihr Volk, insbesondere für die Einwanderer, die Trump ins Visier genommen hat, errichtet. Und sie warfen Fragen über die demokratische Legitimität von Trump auf, der sein Amt mit weniger Stimmen als seine Gegnerin in einer Wahl angetreten hat, deren Einzelheiten und Methoden nach wie vor im Mittelpunkt intensiver Untersuchungen stehen.
Welcher Trump(f) wird nun triumphieren - die Bedrohung der Demokratie oder die unbeabsichtigte Befeuerung der Demokratie? Dies lässt sich noch nicht beantworten. Und die ultimative Antwort wird nicht Trump geben. Die amerikanischen Bürger selbst bestimmen das Ergebnis, wie sie auf den Präsidenten reagieren. Werden sie diese Gelegenheit nutzen, um unsere Demokratie wieder zu erneuern und zu stärken? Oder werden wir, sowohl durch Unterstützung als auch durch Opposition gegen den Präsidenten, in einer Weise handeln, die ihn niederringt? In diesem monatlichen Newsletter werfen wir einen Blick auf die Vereinigten Staaten, ein Jahr nach der Wahl von Donald Trump.
Joe Mathews,
Vorstandsmitglied von Democracy International
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