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30 Jahre Friedliche Revolution

28-10-2019

Vor 30 Jahren führten durch Bürger initiierte Bewegungen in ganz Deutschland zu einem Wandel, der bis dahin als undenkbar galt. Die Montagsproteste in Leipzig erstreckten sich auf ganz Ostdeutschland und führten schließlich zum Fall der Berliner Mauer und zur Wiedervereinigung Deutschlands. Einer der Höhepunkte im Herbst '89 war die so genannte "Friedliche Revolution". Anfang des Monats feierte Leipzig seinen 30. Geburtstag mit der "Revolutionale", einem Festival für Veränderung, das Kunstausstellungen, Musikaufführungen und einen Internationalen Runden Tisch vorsah, an dem Democracy International vertreten war.

Am 9. Oktober 1989 gingen in Leipzig über 70.000 Menschen auf die Straße, trotz berechtigter Befürchtungen vor gewaltsamen Verfolgungen und Verhaftungen. Sie erwiesen sich einfach als zu viele für die Sicherheitskräfte des Regimes. Im Gegensatz zu früheren Protesten durfte die Demonstration fortgesetzt werden, ohne dass eine einzige Verhaftung oder ein einziger Fall von Gewalt stattfand. Ihre Botschaft, dass die Menschen die Grundlage der politischen Macht sind, ermutigte die Bewegungen in ganz Osteuropa. Die Ereignisse im Herbst 1989 in Ostdeutschland waren ein unerwarteter Wendepunkt, der schließlich den Zusammenbruch eines der großen Machtzentren unserer Welt, der Sowjetunion, in Gang setzte. 

Was das Kräfteverhältnis am Ende verändert hat, waren nicht die in ganz Europa eingerichteten Atomkriegsköpfe, sondern die Bürger selbst - normale Menschen wie du und ich -, die eine einfache Botschaft hatten: Die Zeit für einen friedlichen Übergang ist gekommen. Es waren Familien, die auf gegenüberliegenden Seiten des Eisernen Vorhangs gelandet waren, Studenten, denen eine Ausbildung verweigert worden war, nur weil sie die falschen Fragen gestellt hatten, und Künstler, die wegen der Wahl der falschen Themen auf die schwarze Liste gesetzt worden waren. Die Bürger der DDR, die es satt hatten, belogen und ausspioniert zu werden, forderten nichts Geringeres als eine echte Demokratie.

Die Stiftung Friedliche Revolution, eine Organisation, die von einigen der Aktivisten gegründet wurde, die an der Organisation der Demonstrationen in ´89 beteiligt waren, erinnert an diese Veranstaltung mit einem jährlichen Internationalen Runden Tisch. Dieser soll die Botschaft der Friedlichen Revolution in die Welt tragen. An der diesjährigen Ausgabe nahmen Vertreter der zivilgesellschaftlichen Gemeinschaft aus 23 Ländern teil. Dabei wurden so weitreichende Themen wie Klimagerechtigkeit, Pressefreiheit und die Instrumentalisierung neuer Technologien durch Autokraten behandelt.

Jede Diskussion am Internationalen Runden Tisch wird von Künstlern veröffentlicht, die die angesprochenen Themen anschaulich darstellen

Und so widmet sich der Internationale Runde Tisch viel mehr dem Blick nach vorne, als nur zurückzublicken. Welche Probleme haben wir heute auf der Welt? Wie können wir die Erfahrungen der friedlichen Revolution in unser heutiges Leben übertragen? Der Runde Tische soll Organisationen aus dem gesamten Bereich mit einander in Verbindung bringen, und die Teilnehmer erarbeiten jedes Jahr eine gemeinsame Erklärung: Ein Memorandum für Freiheit und Demokratie. Es werden Parallelen zwischen der „Friedlichen Revolution“ und der Bewegung „Fridays for Future“ gezogen. Es wird aber auch auf den schrumpfenden bürgerlichen Raum in Osteuropa und der Türkei und auf umfassende Angriffe auf die Institutionen der Demokratie, wie freie Presse und faire Wahlen, in der ganzen Welt hingewiesen.

Begleitet wurde das Festival von einer Kunstinszenierung im Karstadt-Gebäude, einem ehemaligen Kaufhaus, dessen Fenster in einen öffentlichen und interaktiven Ausstellungsraum verwandelt wurden. Passanten konnten Kunstinstallationen zu Themen wie dem Krieg in Syrien besuchen, Live-Performances verfolgen oder sogar über Fragen wie "Was bedeutet Wandel?" abstimmen. In Solidarität mit den prodemokratischen Protesten in Hongkong werden die chinesischen Zeichen für "Demokratie" in einem der Fenster angebracht, das bald mit Botschaften der Unterstützung durch die Öffentlichkeit geschmückt ist. Jede Diskussion am Internationalen Runden Tisch wird von Künstlern veröffentlicht, die die angesprochenen Themen anschaulich darstellen. Abends gibt es öffentliche Vorträge, musikalische Darbietungen und interaktive Diskussionsrunden.

Am 9. Oktober endet das Festival mit dem traditionellen Friedensgebet in der Nikolaikirche. Das ist die Kirche, in der die Montagsproteste ihren Anfang nahmen und von der aus die Demonstranten genau 30 Jahre zuvor gestartet sind. Von dort aus melden sich Tausende von Bürgern auf dem Augustusplatz zum Lichterfest an. Der letzte Tag wird tragischerweise von einem antisemitischen Terroranschlag in der nahegelegenen Stadt Halle überschattet, so dass die Innenstadt von starker Polizeipräsenz geprägt ist und das Festival der Lichter mit einer Schweigeminute beginnt.  Danach bilden die Menschen mit Kerzen die Worte "Leipzig 89" als Symbol für Hoffnung und gewaltfreien Widerstand. Eine Botschaft die nach 30 Jahren immer noch so aktuell ist.

Bilder: Revolutionale.

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